Zur Rede des Bundespräsidenten bei der 600-Jahr-Feier der Universität Leipzig erklärt Hendrik Lange, hochschulpolitischer Sprecher der Fraktion:
„Das war eine schallende Ohrfeige, die Bundespräsident Horst Köhler gestern Bund und Ländern in Sachen Hochschulpolitik verpasste. Der Bundespräsident bezog klar Position im Schwarze-Peter-Spiel zwischen Politik und Hochschulen.
Seit Jahren weist DIE LINKE auf die dramatische Unterfinanzierung der Hochschulen, die schlechten Betreuungsrelationen und die mangelhafte Umsetzung der Bologna-Reform hin.
Köhler stößt nun ins gleiche Horn – und benennt zudem erstmals offen und kritisch ein mögliches Motiv hinter zehn Jahren konservativ dominierter Bologna-Politik: „Wer im Bund und vor allem in den Ländern geglaubt hat, man könnte das Hochschulwesen kostenneutral umbauen, ja vielleicht sogar durch die Einführung der Bachelor-Studiengänge Geld sparen, der sei daran erinnert: Deutschlands Aufwendungen für den Hochschulbereich sind seit Jahren unterdurchschnittlich, die chronische Unterfinanzierung wird in schlechten Betreuungsquoten, maroden Gebäuden und mangelnder Infrastruktur für Forschung und Lehre sichtbar. Das ist eine Botschaft auch an die Studierenden – und es ist die falsche Botschaft.“
Es war in der Tat falsch, die Hochschulen mit der Bologna-Reform allein zu lassen. Der einseitige Sparwille hinter der Reform kommt u.a. auch darin zum Ausdruck, dass Bachelor und Master gemeinsam nur fünf Jahre dauern durften, anstatt den Studierenden differenzierte Angebote zu machen. DIE LINKE fordert derzeit im Landtag, dass diese Grenze aufgehoben wird, so dass die Hochschulen das Bachelor-Master-System freier gestalten können.
Köhlers klare Worte, die Hochschulpolitik in den Ländern zur Chefsache zu machen, anstatt die Verantwortung den Hochschulen allein zuzuschieben, finden in Sachsen-Anhalt ebenfalls noch kein Gehör. Statt dessen wird in den Haushaltsverhandlungen erwogen, zehn Prozent der Mittel an Leistungskriterien zu binden und die Hochschulen auf einem Teil der gestiegenen Personalkosten sitzen zu lassen. Das ist der falsche Weg. Der Personalkostenaufwuchs muss voll ausgeglichen werden, damit das Korsett der Hochschulen nicht noch enger wird. Hochschulen brauchen auch mit mehr Freiheit die nötigen Ressourcen, so Köhler.
Hinzu kommt, was Köhler unerwähnt lässt: Die bisherigen finanziellen Weichenstellungen durch den Bund und die geplanten Steuersenkungen stellen Sachsen-Anhalt nicht nur in Bezug auf die Ausfinanzierung der Hochschulen vor unlösbare Aufgaben. DIE LINKE bleibt bei ihrer Kritik an der Föderalismusreform und sieht Bildung als gesamtstaatliche Aufgabe.
Die Hochschulen sollten den Rückenwind nutzen, um gemeinsam mit den Studierenden eine Reform des Bachelor-Master-Systems in Angriff zu nehmen. Nach der Rede Köhlers sind aber besonders Bund und Länder aufgefordert, die Kritik des Bundespräsidenten ernst zu nehmen und einen Kurswechsel einzuleiten.“
Magdeburg, 3. Dezember 2009